Blindflug
Zum AnfangBlind auf Reisen
Steckbrief
Christoph Ammann, 63 Jahre
Wohnort:
Marthalen ZH
Beruf:
Reisejournalist, Leiter Redaktion Reisen
bei der «SonntagsZeitung» (seit 1998),
den Tamedia-Tageszeitungen und -Onlinemedien
Hobbys:
Hörbücher, Fussball, Chorsingen, Reisen
Besonderheit:
blind seit 2011
Ständige Begleiter:
Blindenstock, Diktiergerät, iPhone
Engagements:
Stiftungsrat Dunkelrestaurant «Blindekuh» Zürich und Basel, Präsident Gemeindeforum Marthalen
Motto:
«Aufgeben kommt für mich nicht infrage.»
Alltag im Büro
Zum Anfang«Blindheit entbindet von optischer Ungerechtigkeit.»
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Was Eveline Blindenbacher im Umgang mit Christoph Amman beeindruckt.
Die gute Fee an seiner Seite
Eveline Blindenbacher
Als die Dunkelheit kam
Als die Dunkelheit kam
«Doch im Vergleich zu meinen Vorfahren hatte ich einen unschätzbaren Vorteil: die moderne Technik. Sie erlaubt mir, meine Arbeit auch ohne Augenlicht zu verrichten», so Ammann. Bis zu zehn Wochen im Jahr ist er auf Recherchereisen. Er trägt die inhaltliche Verantwortung für die Reiseseiten der Zeitungen des Medienunternehmens Tamedia.
«Als das Augenlicht ging, kam die Angst.»
Alltägliche Missverständnisse
Begegnung mit Folgen
Noch nie zuvor hatte ich persönlich Kontakt zu einem Blinden. Unterwegs stellte ich immer wieder mit Erstaunen fest, wie der Mann mit dem Blindenstock, der sich leicht an meinem Ellenbogen festhielt und sich führen liess, die Blicke der Passanten auf sich zog. Schwer zu sagen, was sich darin widerspiegelte. War es Mitleid?
Unvergessen bleibt mir ein Erlebnis:
Wir betraten ein kleines Geschäft, und Christoph Ammann bat mich, ihm bei der Auswahl für einen Einkauf behilflich zu sein. Vor einem Regal beschrieb ich ihm die Auslage. Die Verkäuferin hinter dem Ladentisch schaute auf, sah den Blindenstock und fragte: «Soll ich einen Stuhl bringen?» Ich war perplex und antwortete: «Nein, er ist nur blind – nicht behindert.»
Diese Begebenheit brachte mich zum Nachdenken, weil ich mich dabei ertappte, dass für mich der Begriff «behindert» wertend besetzt war.
Vor meiner Bekanntschaft mit Christoph Ammann hätte ich gegenüber einem Blinden oder Behinderten wohl genauso unsicher wie die Verkäuferin reagiert. Mir war nicht bewusst, dass die Betroffenen selbst damit meistens sehr entspannt umgehen. Der regelmässige Austausch mit Christoph Ammann führte dazu, dass ich derartige Berührungsängste verlor. Ich verhalte mich ihm gegenüber heute völlig selbstverständlich und ungezwungen. Oft vergesse ich sogar, dass er nichts sieht.
Jacqueline Vinzelberg
Epilog
Epilog
Dirk, ein anderer Blinder, den ich parallel zu Christoph Ammann kennenlernen durfte, formulierte es so:
«Die Blindheit ermöglichte mir, das Leben auf eine intensive Art und Weise zu erfahren, wie ich es als Sehender nicht vermochte.»
Dirk ist 55 Jahre alt und erblindete mit Mitte 30 nach einer Krankheit.
Im Schwedischen benutzt man übrigens im Kontext körperlich oder geistig beeinträchtigter Menschen nicht das Wort «Behinderung». Dort spricht man von «Funktionsvariation».
Jacqueline Vinzelberg
Impressum
Idee, Konzept und Realisation
(inkl. Bilder, Videos, Ton und Text):
Jacqueline Vinzelberg
Gesamtverantwortung:
Robert Hansen, Chefredaktor
https://derarbeitsmarkt.ch/de
Kontakt:
redaktion@derarbeitsmarkt.ch
© «der arbeitsmarkt», April 2021