Einleitung
Bühnenträume
Traum
Kapitel 2Traum
Ausbildungsstätte
Der Bachelor (BA) umfasst 180 ECTS-Punkte und ist auf sechs Semester angelegt. Mit 2500 Studierenden ist die ZHdK laut eigenen Angaben eine der grössten Kunsthochschulen Europas.
Künstlerischer Leiter des BA Contemporary Dance ist Samuel Wuersten. Der Schweizer ist seit vielen Jahren Co-Rektor der Rotterdamer Tanzschule Codarts und Direktor des Holland Dance Festival.
Im ersten Lehrgang in Zürich studieren zwei junge Männer und zehn junge Frauen, darunter Chloé Granges. Bevor sie an der ZHdK aufgenommen wurde, besuchte sie 14 Jahre lang das kantonale Tanzkonservatorium in Sion (VS).
Ausbildungsmöglichkeiten
Hier eine Auswahl an europäischen Institutionen, die einen Bachelor in Contemporary Dance anbieten:
1. Iceland Academy of the Arts, Reykjavik, Island
2. The Academy of Dance, National Academy of the Arts,
Oslo, Norwegen
3. University of Dance and Circus,
Stockholm, Schweden
4. Theatre Academy of Finland, Helsinki, Finnland
5. Latvian College of Culture, Riga, Litauen
6. Northern School of Contemporary Dance, Leeds, England
7-a. London Contemporary Dance School, London, England
7-b. Laban Center, Faculty of Dance, London, England
8. Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten,
Amsterdam, Niederlande
9. Codarts Rotterdam, Rotterdam, Niederlande
10. ArtEZ Hogeschool voor de Kunsten, Arnheim, Niederlande
11. Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz,
Berlin, Deutschland
12. Palucca Hochschule für Tanz, Dresden, Deutschland
13. Folkwang Universität der Künste, Essen, Deutschland
14. Zentrum für Zeitgenössischen Tanz, Hochschule für Musik und Tanz, Köln, Deutschland
15. Hochschule für Musik und Darstellende Kunst,
Frankfurt am Main, Deutschland
16. Konservatorium, Wien, Österreich
17. Anton Bruckner Privatuniversität, Linz, Österreich
18. Zürcher Hochschule der Künste, Zürich, Schweiz
19. Theaterhochschule La Manufacture, Fachhochschule Westschweiz, Lausanne, Schweiz
20. Centre national de danse contemporaine,
Angers, Frankreich
21. Conservatoire national supérieur musique et danse,
Lyon, Frankreich
22. Conservatori Superior de Dansa del Institut del Teatre, Barcelona, Spanien
23. Escola superior de Dança, Lissabon, Portugal
Zeitgenössischer Tanz
Die Entwicklung hin zum zeitgenössischen Tanz ortet sie mit dem Beginn der Moderne und den individualisierenden Tendenzen in der Gesellschaft.
Anfang des 20. Jahrhunderts waren der «Ausdruckstanz» und der «moderne Tanz» in Deutschland wie der «Modern Dance» in den USA auch Abgrenzungen zum klassischen Ballett, einhergehend mit einem neuen Umgang mit Bewegung und Musik.
Ab den 1960er-Jahren veränderte und erweiterte sich der Begriff, immer neue Richtungen und Bezeichnungen kamen hinzu, etwa Tanztheater, Post Modern Dance, New Dance oder Physical Theatre.
Seit einigen Jahren beeinflussen neue Technologien sowie asiatische Tanzformen, Kampfsportarten oder Körperbewusstseinstechniken den zeitgenössischen Tanz.
Oder sie studieren etwas ganz anderes: Ehemalige Tanzkollegen von mir sind heute Rechtsanwälte.
Im internationalen Vergleich ist die Schweiz spät dran mit einer Ausbildung im zeitgenössischen Tanz auf Hochschullevel. Es ist wichtig, dass dies jetzt möglich ist.»
Samuel Wuersten
Künstlerischer Leiter BA Contemporary Dance ZHdK
Voraussetzungen
Samuel Wuersten
Künstlerischer Leiter BA Contemporary Dance ZHdK
Im Vorfeld sorgten wir uns, ob genügend gute Tänzerinnen und Tänzer aus der Schweiz sind. Meine Antwort jetzt: absolut ja. Fünf Studierende sind von hier. Sie kommen von überall her, oftmals aus sehr strukturierten Vorausbildungen, bis hin zu ganz kleinen Privatschulen, die hervorragende Arbeit leisten.»
Samuel Wuersten
Künstlerischer Leiter BA Contemporary Dance ZHdK
Alltag
Kapitel 3Alltag
Unterricht
Und das Fach Führungskompetenz.
Sie sollen Selbstinitiative zeigen und Selbstverantwortung tragen. Nicht einfach machen, was ihnen gesagt wird, sondern mitdenken, mitbestimmen, argumentieren. Kurz: lernen mit Verpflichtungen professionell umzugehen.»
Samuel Wuersten
Künstlerischer Leiter BA Contemporary Dance ZHdK
Auf dem Studienplan steht auch Musikanalyse.
Berufsmusiker Roman Glaser ist einer von zwei Dozenten, die die Studierenden in Notation, Harmonielehre oder Geschichte unterrichten.
Zweiter Anlauf
Umso mehr, als der erste Versuch, einen Studiengang in zeitgenössischem Tanz in der Schweiz zu etablieren, 2009 nach wenigen Monaten gescheitert war. Das Bundesamt für Berufsbildung und Technologie hatte die Bewilligung nicht erteilt.
Diesmal sind die formalen Voraussetzungen erfüllt. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement bewilligte Ende 2013 den Bachelor. Ein «Meilenstein für die Professionalisierung und internationale Anschlussfähigkeit der Tanzausbildung in der Schweiz» sei erreicht, freute sich der Berufsverband der Schweizer Tanzschaffenden «Danse Suisse».
Netzwerk
Das Lehrmaterial kommt ebenfalls von der niederländischen Schule. Ihre Dozenten sind in Zürich Prüfungsexperten, sie unterrichten hier, und die beiden Schulen tauschen Choreografen aus.
Das Netzwerk von Codarts solle für den Schweizer BA erschlossen werden, sagt Samuel Wuersten. «Das Geheimnis für den Erfolg einer Schule ist, dass sie gut im beruflichen Netzwerk eingebettet ist.»
Wie gut der neue Lehrgang vernetzt ist, wird sich auch bei der Suche nach Berufspraktika zeigen. Im letzten Studienjahr sollen die angehenden Tänzerinnen und Tänzer des BA Erfahrungen sammeln, in Theatern oder freien Kompanien, im In- oder Ausland, für ein ganzes Jahr oder die Dauer eines Projekts.
Zwischenbilanz
Für die Studierenden Zeit für eine erste Zwischenbilanz.
Zukunft
Kapitel 4Zukunft
Tanzszene Schweiz
«Nicht jede Tanzkarriere ist mit 35 Jahren vorbei»
«Zeitgenössischen Tanz studiert, wer nicht gut genug für eine klassische Ballettausbildung ist» – was sagen Sie zu dieser Aussage?
Sie ist dumm und altbacken. Ein alter Hut, der längst nicht mehr der Realität entspricht. Schon vor 100 Jahren bildeten sich Tänzer in modernem Tanz aus, weil sie anders tanzen wollten. Wahr ist dagegen, dass es einfacher ist für einen klassisch ausgebildeten Tänzer zum modernen Tanz zu wechseln. Umgekehrt passiert dies selten.
Wie prüfen Sie die Fortschritte der Studierenden?
Diese zu messen, ist schwierig. Es geht nicht darum, zu sagen: «Jetzt springst du einen halben Meter höher, also hast du Fortschritte gemacht», sondern um eine Gesamtentwicklung. In einem universitären Lehrgang steht die Selbstreflexion im Zentrum, die Fähigkeit also, die eigenen Fortschritte wahrzunehmen und zu reflektieren. Die Dozenten führen deshalb mit den Studierenden Evaluationsgespräche über die Ziele und darüber, ob und wie sie diese erreicht haben.
Wird Chloé Granges nach dem Studium eine Anstellung finden?
Chloé ist eine besondere künstlerische Persönlichkeit. Entwickelt sie sich so weiter, wie sie es in diesem Jahr getan hat, hat sie reelle Chancen, in den Tanzberuf einzusteigen. Zwar gibt es in diesem Beruf keine Garantien. Wohl aber Tänzer mit besseren oder schlechteren Voraussetzungen. Chloé gehört zu ersteren.
Als was werden die Studienabgänger des Bachelors «Contemporary Dance» eine Arbeit finden?
Als zeitgenössische Tänzer im breiten Schweizer Angebot: an den Theatern in Luzern, Bern oder St. Gallen sowie in freien Kompanien und in der freischaffenden Szene. Oder im Ausland.
Die Verträge sind bei vielen Kompagnien und in der freien Szene zeitlich beschränkt. Wovon leben zeitgenössisch ausgebildete Tänzer in der Zwischenzeit?
Oft von Zwischenjobs, die nicht viel mit Tanzen zu tun haben. Oder sie unterrichten Tanz. Das ist sehr hart, aber leider Realität. Ich kann sie nicht schöner schildern, als sie ist.
«Tänzer/in» ist auch für zeitgenössisch ausgebildete Profis ein kurzlebiger Beruf. Wie bereitet der Lehrgang die Studierenden auf die Zeit nach der Bühnenkarriere vor?
Es ist paradox: Auf einer Seite unterstützen wir sie dabei, ihren Traum vom Tanzen zu verwirklichen. Gleichzeitig müssen wir ihnen aber sagen: «Denk darüber nach, was du danach machst.» Das ist viel verlangt von 20-Jährigen. Dennoch ist es wichtig, das zu thematisieren und Perspektiven aufzuzeigen. Wahr ist auch, dass die berufliche Lebensdauer einer Tänzerin in den letzten Jahren gestiegen ist. Der Tanz hat sich entwickelt. Es gibt auch für ältere Tänzer immer mehr Möglichkeiten, aufzutreten. Nicht jede Karriere ist mit 35 Jahren vorbei.
Fast zeitgleich mit dem BA ist in Zürich eine zweite Ausbildung zum zeitgenössischen Tänzer gestartet. Gibt es einen Markt für die vielen Abgänger in den nächsten Jahren?
Die Antwort darauf hätte ich gerne. Ich kann sagen, dass es für die besten unter ihnen sicher Arbeit gibt. In Holland, wo ich auch tätig bin, gibt es drei Ausbildungen zum zeitgenössischen und zwei zum klassischen Tänzer sowie eine «urban dance»-Schule. Viel für ein kleines Land. Die Schweiz bot lange sehr wenig Ausbildungsmöglichkeiten – dass sie jetzt viele oder mehr hat, sollte Grund zum Jubeln sein. Denn die Schweiz baut an einem soliden Fundament. Mein Fokus als künstlerischer Leiter dieses Bachelor-Studiengangs liegt darauf, gute, marktfähige Tänzer auszubilden.
Samuel Wuersten
Künstlerischer Leiter BA Contemporary Dance ZHdK
Auftritt
Rund 100 Crash-Kurse animieren ein Wochenende lang zum Tanzen, während Profis öffentliche Plätze und die Bühnen der Stadt bespielen.
Die Studierenden des BA durften den Event mit einer «Flash-Mob»-artigen Performance am Hauptbahnhof Zürich eröffnen.
Die international tätige Choreografin Marisa Godoy half ihnen bei der Umsetzung, die musikalische Begleitung gestaltete der Schwule Männerchor Zürich.
Impressum
Paola Pitton und Carmen Püntener
Foto von Samuel Wuersten:
Antoinette Mooy
Karte Europa:
openclipart.org by Bubba
Grafische Umsetzung: Anja Piffaretti und Doris Urfer
Musik:
Improvisation Piano: Brian Gill
Improvisation Querflöte: Roman Glaser
Gesang: Schmaz – Schwuler Männerchor Zürich
Kontakt:
paola.pitton@codecompany.net
carmen.puentener@gmx.ch