Die Fahrt zum Arbeitsplatz dauert heute 20
Minuten. Das war nicht immer so. «Anfang des Jahres fischten wir drei
Tagesreisen von hier in der Nordkapregion. Wir müssen dorthin, wo die Fische
sind», sagt Petter. Er und sein Sohn folgen den Fischschwärmen , die tief unter
ihrem Kiel schwimmen. Jährlich werden die Quoten für jedes Schiff festgelegt.
Damit verhindert der Staat die Überfischung - erfolgreich. Die Bestände vor den
norwegischen Küsten haben sich anders als in Neufundland, vor Westgrönland und
in der Ostsee seit den 90er-Jahren stetig erholt. Der Preis für den Dorsch
sinkt. «Wir erhalten derzeit 11 Kronen und 25 Øre für ein Kilogramm Fisch.» Das
sind umgerechnet 1,40 Euro. Fisch, der später für den mehr als zehnfachen Preis
in der Auslage der Fischtheke liegen wird. Doch Petter will nicht klagen.
Unzählige Leuchtpunkte flimmern rot, gelb und orange auf dem Bildschirm des
Echolots, ein abstraktes Abbild der Millionen von Fischen in 60 Metern Tiefe. Hier
legen Petter und sein Sohn ihre Netze aus. Nils-Petter manövriert das Boot,
Petter wirft die erste Markierungsboje ins Wasser. Zwei Seile verschwinden im
Meer. Das eine ist mit Blei versetzt und sinkt auf den Meeresboden. Am anderen
hängen in einigen Metern Abstand Kunststoffringe, die für Auftrieb sorgen.
Dazwischen liegt das Netz: starke Nylonschnüre, verknüpft alle zehn Zentimeter,
abertausende von Maschen, wie eine Barriere im Meer, hunderte Meter lang. Das
Meer verschluckt das Netz. 24 Stunden hängt es nun im Wasser.
Petter ist stolz auf seine Breisund. «1972 hat sie
mein Vater in einer norwegischen Werft bauen lassen. Wir haben sie nie mit
hydraulischen Anlagen nachgerüstet.» Er hat sich für seine Muskelkraft
entschieden und gegen die Investitionen in Motoren, Zylinder und Schläuche. Nur
die vom Dieselmotor angetriebene Winde zieht das Netz wieder an Bord. Viel
Handarbeit, kräfteraubend, gefährlich, schweisstreibend unter den wasserdichten
Anzügen aus dickem Kunststoff. Ob sein Sohn die Breisund übernehmen will oder
sich auf einem moderneren Schiff einkauft, ist noch nicht entschieden. Petter
steht am Steuerrad. Aus dem Lautsprecher des Funkgerätes dringen blechern
klingende Stimmen. Fischer unterhalten sich über den Fang, gute Plätze, den
Dieselpreis, das Wochenendhaus, die Winterreifen, das Wetter, die Ausrüstung,
über die neue Freundin des Kumpels. Petter ist still und strahlt über das ganze
Gesicht. Er steuert in Richtung der imposanten Felskulisse der Lofoten. Hier gehört
er hin, hier ist er zuhause, hier ist seine unendliche kleine Welt. Die Netze
sind ausgelegt, die Arbeit ist getan. Nun werden sich einige Dorsche in den
Fäden verfangen. Morgen wird er mit seinem Sohn die Netze wieder einholen. Wie
immer. Und doch nicht. Mit dem morgigen Fang ist die Jahresquote erreicht,
morgen geht die Fangsaison zu Ende, morgen geht Petters Berufsleben zu Ende.